Der Fall: Wenn das Bedürfnis im Handelsverkehr den Ton angibt
Im konkreten Fall trat einer unserer Mandanten, er handelt mit Baumaschinen, mit der Sachlage an uns heran, dass er auf seinen Mietzinsforderungen für einen Raupenbagger sitzengeblieben sei. Und so dachten wir uns: Warum immer gleich klagen? Warum nicht zunächst ein Vergleichsangebot anstrengen? Also taten wir das.
Und zwar mit der Vollmacht unseres Mandanten in Form eines konstitutiven Schuldanerkenntnisses nach § 781 BGB, das üblicherweise der gesetzlichen Schriftform bedarf. Sollte die Gegenpartei einlenken, würde diese ihre Mietschulden nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten als bestehend anerkennen uzw. ganz unabhängig von einem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Offen war eine Gesamtsumme über 16.000,00 Euro. Unser Mandant wollte auf eventuelle Restforderungen verzichten, sollte ihm die Gegenseite binnen vier Wochen 8000,00 Euro erstatten.
Überraschenderweise nahm diese nicht nur das Vergleichsangebot an, in dem das Gericht am Ort unseres Mandanten für zuständig erklärt wurde. Sie tat dies auch in der nötigen Schriftform, unterschrieb also das Vergleichsangebot mit der darin genannten Annahmeerklärung und schickte es auf digitalem Weg via E-Mail an unsere Kanzlei. Doch nichts geschah. Sämtliche Zahlungsfristen verstrichen ohne Ergebnis. Also klagten wir schließlich auf der Grundlage des von der Gegenpartei unterschriebenen konstitutiven Schuldanerkenntnisses auf Erstattung der eingangs erwähnten Gesamtsumme, nämlich am Gerichtsstand unseres Mandanten. Das zuständige Landgericht erklärte daraufhin, dass der Vergleich und damit das Schuldanerkenntnis sowie die darin enthaltene Gerichtsstandsklausel hinfällig seien. Dessen Begründung: Die Schriftform, die § 781 BGB voraussetze, sei nicht gewahrt worden.
Herangehensweise
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Das ist auch in diesem Fall so. Hätte das Landgericht etwas genauer hingesehen, hätte es wissen müssen, dass das Gesetz von der vorgeschriebenen Form in zwei Fällen wichtige Ausnahmen macht. So ist nach § 350 HGB die schriftliche Form nach §§ 780, 781 BGB entbehrlich, wenn das Schuldanerkenntnis (oder das Schuldversprechen) für den Schuldner ein Handelsgeschäft darstellt. Sie ist außerdem nach § 782 BGB obsolet, wenn der abstrakte Schuldvertrag (Schuldanerkenntnis) aufgrund eines Vergleichs abgeschlossen wurde, wie hier. Der Verpflichtungswille des Schuldners käme damit hinreichend zum Ausdruck, so der Gesetzgeber.
Das Ende vom Lied
Das Landgericht erließ gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil. Allerdings sind bis dato die eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen noch nicht von Erfolg gekrönt.